Unterricht gerät in Bewegung - "Unterricht wird inszeniert"

Im folgenden will ich nun exemplarisch an einem Unterrichtsbeispiel aufzeigen, wie die Schüler ihr Unterrichtsthema aktiv mitgestalten, d.h. einerseits die Szenen mit Hilfe der Bauelemente als Requisiten entwerfen und einrichten, anderseits sich im darstellenden Spiel im Sinne eines "bewegten" Lernens auszudrücken versuchen.

Unterricht als szenische Spiel 1:


Nach mehreren kleineren mit den Kindern durchgespielten szenischen Arrangements wagte die Lehrerin im Deutschunterricht, das bekannte Märchen "Der Wolf und die sieben Geißlein" szenisch zu erarbeiten. Vier Schülergruppen bekamen den Auftrag die einzelnen Szenen zu gestalten und zu spielen. Zunächst wurde gemeinsam ein Szenenplan entworfen, der den Ablauf des Märchens in sechs Szenen gliederte:
Szene 1:
"In der Stube der sieben Geißlein"; die Mutter geht weg und warnt die Kinder, nur nicht fremden Leuten aufzumachen. (Einrichtung der Stube ,ist mit Hilfe der Einzelteile des Mobiliars als Requisiten gestaltet worden).
Szene 2:
Der Wolf klopft an - die Geißlein öffnen nicht (dunkle Stimme) Szene 3:
Der Wolf kommt wieder und bittet um Einlas mit heller Stimme - nur ein Geißlein kann sich sicher verstecken. ("Uhrenkasten" als Versteck haben die Kinder aus hochkantig auf gestellten Regalen gebaut). Szene 4:
Die Mutter findet nur noch ein Geißlein vor - sie eilen nach draußen Szene 5:
"Schlafender Wolf mit dickem Bauch voller Geißlein". Mutter Geiß schneidet den Bauch auf, befreit die Geißlein und sie füllen den Bauch des Wolfes mit Steinen
Szene 6:
Wolf erwacht, hat Durst und stürzt beim Wasser trinken in den Brunnen. (Bau des Brunnens erfolgte aus den im Kreis gestellten Regalen oder aus Halbwalzen).
Die Szenen 1,3,6, machen einen größeren Aufbauaufwand notwendig. Die Einrichtung wurde von den Schülern mehrfach probiert bis eine zufriedenstellende Lösung gefunden worden war. Dann begannen die Kinder mit ihrem Spiel. Die einzelnen Szenen wurden dem kritischen Publikum vorgespielt und für die Darstellung entsprechende Verbesserungen eingebracht.

Beim Märchenspielen tauchte zunächst das Problem auf, dass keines der Kinder den Wolf spielen wollte. Erst nach einer Aussprache über die Rolle des bösen Wolfes, der ja die Hauptfigur im Märchen ist, fanden sich einige Darsteller. Zwei "Theatergruppen" bildeten sich und probten Aufbau und szenischen Ablauf. Bei den Proben musste die Lehrerin öfter eingreifen und die Kinder beraten, um eine schlüssige Darstellung herausfinden zu lassen

Es war erstaunlich, mit welchem Eifer und Ausdruckwillen die einzelnen Kinder ihre jeweilige Rolle spielten. Was vor allem überzeugen konnte, dass anfangs teilweise gehemmt auftretende Kinder im Laufe des Probierens immer mehr die Scheu bei ihrem Auftritt verloren. Insgesamt war schon nach relativ kurzer Unterrichtzeit (drei Wochen) festzustellen, dass die Kinder gerade über das szenische Spielen immer mehr aus sich herauszugehen wagten und damit zunehmend an Selbstsicherheit in ihrem "öffentlichen" Auftritt erwarben. Bewegtes Lernen scheint gerade deshalb so identitätsfördernd zu wirken, weil die Kinder im wahrsten Sinne des Wortes "bewegt" sind, wenn sie sich ausdruckvoll bewegen können.

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