ein Konzept Unterricht in Bewegung zu bringen
Im Zuge der Technisierung der Gesellschaft, die in den letzten Jahrzehnten
auf allen Lebensgebieten kontinuierlich fortschreitet, wird allgemein der
zunehmende Bewegungsmangel für die meisten Menschen beklagt. Gerade die Kinder
der Industriegesellschaft sind von dieser Entwicklung erheblich betroffen.
Zur Veränderung von Kindheit infolge der Technisierung sind in den letzten
Jahren eine große Reihe von Untersuchungen, Analysen und Befunde vorgelegt worden.
In der Auseinandersetzung mit den konstatierten Bewegungs- und Spielverlusten im
Lebensalltag von Kindern haben Schul- und Bewegungspädagogen auch die Schule, insbesondere
die Grundschule als restriktive bewegungseinschränkende Institution charakterisiert.
Urs Illi (Bewegte Schule) hat sich als einer der ersten kritisch mit der herkömmliche
Schule auseinandergesetzt. Er kritisiert das allgemein übliche disziplinierte Ordnungsprinzip
im Klassenzimmer in form eines monotonen, langandauernden und passiven Sitzens.
Die Schüler werden gleichsam "stillgesetzt", um sie für den Unterricht, die Lehre
konzentriert und kontrolliert zur Verfügung zu haben.
Das "Mobile Klassenzimmer" ist eine Strategie gegen die bewegungsfeindliche Schule
und versteht sich als Forderung nach einer Schule, die "Lebens und Erfahrungsräume
für Kinder" eröffnet und neue Chancen gibt für Integration von Bewegung und Spiel
im Unterricht auch über den Sportunterricht hinaus.
Im" Mobilen Klassenzimmer" wird das übliche Schulmobiliar
(Tische und Stuhle) ersetzt durch das "Tisch-Sitz-Kit" (bewegtes Mobiliar).
Durch das neue Schulmobiliar eröffnen sich neue Möglichkeiten,
die strenge Sitzordnung zu überwinden, und Unterricht flexibel zu organisieren.
So wird ein grundsätzlich anderer und neuer Lernkontext geschaffen. Das neue Mobiliar
ermöglicht es, einerseits die herkömmlichen Sitzordnungen einzurichten, andererseits
auch dramaturgisch in vielfältiger Weise Unterricht in Szene zu setzen. So betrachtet
läßt sich die Organisation im Klassenzimmer allmählich verändern, oder auch gleich
von Beginn an, können neue Wege für einen "bewegten" Unterricht eingeschlagen werden.
Mit dem "Tisch-Sitz-Kit" als Grundelement einer neuen innerarchitektonischen Einrichtung
des Klassenzimmers läßt sich, in zweierlei Richtung Bewegung in den Unterricht bringen:
zum einen soll im Unterricht selbst "Bewegung" im übertragenen Sinne zum didaktischen
Prinzip erhoben werden. Die Mobilität, die über die neue Innerarchitektur gegeben ist,
schafft die Voraussetzung, den Unterricht als Theaterspiel versehen zu lernen.
In der aktiven Beteiligung der Schüler als mitspielende Akteure
in den von ihnen selbst hergestellten Inszenierungen liegen die
Chance für ein bewegtes Lernen, das mit allen Sinnen Themen er-
und begreift . Zum anderen bietet die Halbwalze die Möglichkeit,
zum aktiven Sitzen, d.h. die Schüler müssen sich selbst
aufrechthalten ( die Stuhllehne fehlt).
Grundlegende Einsichten in die Haltearbeit des Rückens
(Funktion der Wirbelsäule und der Haltemuskulatur) werden den
Schülern anhand gegenseitiger Beobachtung näher gebracht.
Das Verständnis für die eigene Haltung, vor allem für die
Notwendigkeit, sich richtig halten zu können, wird anhand von
Anschlussthemen weiterverfolgt. So kann Haltung aber auch über
das Sitzen hinaus, beim Stehen, Gehen und Laufen, beim Spiel
mit der Senkrechten (Schwerkraft) zum Thema gemacht werden.
Ganz wichtig scheint hierbei sich bewusst zu machen, welche
Rolle die Füße beim Stehen, Gehen und Laufen haben. (1)
Inwieweit sich allerdings eine solche Absichten einlösen lassen,
hängt nicht allein vom didaktischen Geschick der Lehrenden ab.
Im folgenden möchte ich über Anfangserfahrungen mit dem
"Mobilen Klassenzimmer" und über die Probleme, die dabei aufgetreten
sind berichten. Darüber hinaus auch die thematischen Anregungen zu
beschreiben versuchen, inwieweit jene sich praktisch umsetzen ließen.
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